Hat Charme: Urlaub in Darmstadt
Darmstadt ist mit über 145.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt Hessens und liegt am nördlichen Ende der Bergstraße. Die Kulturstadt darf sich dank Universitäten und zahlreichen Forschungseinrichtungen auch "Wissenschaftsstadt" nennen.
Darmstadt
Darmstadt? Darmstadt! Jugendstil-Pracht, Beuys und Wissenschaft
Studentenstadt, Wissenschaftsstadt, Jugendstilstadt – mit über 160.000 Einwohnern ist Darmstadt, gut 30 Kilometer südlich von Frankfurt gelegen, viertgrößte Metropole in Hessen. Wer sie als Städtereise-Ziel noch nie auf dem Radar hatte, wird überrascht sein. Die Mathildenhöhe ist ein architektonischer Blickfang, hier setzten Jugendstil-Künstler wegweisende Trends der Moderne, seit 2001 ist sie UNESCO-Welterbe. Entdecken Sie auch ein bizarres Meisterwerk von Friedensreich Hundertwasser, ein Museum, das alles weiß, und die Welt der Wettervorhersage.
Schön bis in den letzten Winkel: Mathildenhöhe
Epochales wollten sie schaffen, eine neue, schönere Welt. Die 23 Architekten, Maler und Bildhauer, die der kunstsinnige Großherzog Ernst Ludwig 1899 auf die Mathildenhöhe kommen ließ, widmeten sich auf Darmstadts exponiertestem Punkt der Erschaffung einer noblen Utopie. Sie entwarfen und bauten exklusive Häuser und richteten sie großzügig ein - für den "verfeinerten Menschen". Bis heute beeindruckt das Gesamtkunstwerk aus Jugendstil-Villen, Gartenanlagen und Skulpturen, 2001 wurde sie zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt. In einer Dauerpräsentation stellt das Museum Künstlerkolonie die Werke aller 23 Künstler, die zwischen 1899 und 1914 hier gearbeitet haben, aus. Größter Eyecatcher des Geländes ist der 50 Meter hohe Hochzeitsturm mit seinem markanten Bogendach. Der Legende nach stellt es die erhobene Hand des Großherzogs dar, Spitzname: „Fünf-Finger-Turm“. 209 Stufen führen in seinem Inneren zu einer Aussichtsebene – mit grandiosem Blick über Darmstadt. Auch die Russische Kapelle der Heiligen Maria Magdalena erweist sich als spektakulärer Bau im Stil russischer Kirchen des 16. Jahrhunderts. In Auftrag gegeben hatte sie der russische Zar Nikolaus II., um während der Besuche bei seiner deutschen Frau nicht auf Gottesdienste verzichten zu müssen. Einmal im Jahr wird das Gesamtkunstwerk eindrucksvoll gefeiert. Während der traditionellen Darmstädter Jugendstiltage haben Besucher die Möglichkeit, die sonst verschlossenen Jugendstilhäuser, die Russische Kapelle und den Hochzeitsturm zu besichtigen. Außerdem werden Jugendstilführungen auf dem Musenhügel und zu anderen Darmstädter Jugendstil-Orten angeboten. Höhepunkt ist stets das Lichterfest, das wie schon zu Zeiten der Künstlerkolonie die Anlage und Gebäude der Mathildenhöhe wunderbar in Szene setzt.
Altstadt-Streifzüge
1944 wurde fast die gesamte Alt- und Innenstadt von Darmstadt in einer einzigen Feuernacht zerstört. Kaum etwas von der alten Residenzstadt blieb erhalten, vieles wurde später wieder aufgebaut. Ein Wahrzeichen ist der „Lange Ludwig“ auf dem zentralen Luisenplatz. Das knapp 40 Meter hohe Monument des Großherzog Ludwig I. darf an einigen Terminen im Jahr bestiegen werden (eine gute Gelegenheit bietet das traditionelle „Heinerfest“ am ersten Juliwochenende). Auch das Residenzschloss erlebte viele Auf und Abs und präsentiert heute ein spannendes Sammelsurium verschiedener Baustile. Der ehemalige Wehrturm der Stadt, der Hinkelsturm, gehört mit den Resten der Stadtmauer zu den wenigen historischen Original-Ensembles und beherbergt das zweitkleinste Museum der Stadt. 250 Meter weiter kommen Sie zum „Jugendstilbad“. Der perfekte Ort, um einen herrlichen Entdecker-Tag mit Schwimmen, Saunieren und Wellnessen stilvoll ausklingen zu lassen. PS. Auch der Darmstädter Hauptbahnhof zeigt zahlreiche Jugendstilelemente und im Hessischen Landesmuseum Darmstadt ist eine ganze Abteilung dem Thema "Jugendstil" gewidmet.
Hundertwasser-Ikone
Zwei Zwiebeltürme aus Gold weisen den Weg zum nächsten Highlight Darmstadts: die im Jahr 2000 fertiggestellte Wohnanlage "Waldspirale" von Friedensreich Hundertwasser (Kreuzung Friedberger/Büdinger Straße). Eine Fassade, die keinem Raster folgt, keine gerade Linie, keine rechten Winkel - was für eine avantgardistische, revolutionär farbenfrohe und formenverrückte Architektur! 105 Apartments auf 12 Etagen sind hier untergebracht, jedes der mehr als 1.000 Fenster ist ein Unikat, jede Wohnung hat an Fenstern und Türen verschiedene Klinken. Auf dem Dach wachsen Linden, Buchen und Ahornbäume, im Innenhof fließt ein künstlicher Fluss. Die beste Sicht auf das Hundertwasserhaus in Darmstadt erhaschen Sie vom obersten Stockwerk des Parkhauses gegenüber. Und hin und wieder werden auch Führungen von der Stadtverwaltung Darmstadt durch das Innere der "Waldspirale" angeboten.
Darmstadt als Wissenschaftsstadt
Seit 1997 trägt Darmstadt offiziell den Titel Wissenschaftsstadt. Alle drei Hochschulen und die vielen Forschungseinrichtungen genießen einen hervorragenden Ruf. Mit dem „European Space Operations Centre“, dem Satelliten-Kontrollzentrum der europäischen Weltraumorganisation ESA, befindet sich seit 1967 eine Weltraum-Behörde in Darmstadt. Lust, sich das mal anzuschauen? Montags, mittwochs und freitags finden bei laufendem Betrieb geführte Rundgänge mit Besichtigung des Hauptkontrollraums und verschiedener Satellitenmodelle statt.
Wetterdaten für die Welt: „Made in Darmstadt“
Eine andere Spezialdisziplin: Wetter. Seit 1982 hat die „Europäische Organisation für die Nutzung meteorologischer Satelliten“ (EUMETSAT) ihren Sitz in Darmstadt. Hier gehen die Informationen für die täglichen Wettervorhersagen und zur Klimaveränderung rein und raus. Jeden Freitag um 15 Uhr gewährt die Mannschaft Einblick hinter die Kulissen, erklärt die Welt der modernen Wetterforschung und präsentiert Satelliten-Modelle in Originalgröße.
Ds: ein chemisches Element namens Darmstadtium
Es war einer der größten Erfolge in der Grundlagenforschung am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung: Am 9. November 1994 um 16.39 Uhr wurde erstmals das chemische Element 110 im GSI-Teilchenbeschleuniger erzeugt. Es wurde nach seinem Entdeckungsort „Darmstadtium“ benannt und Darmstadt als einzige deutsche Stadt im Periodensystem der Elemente verewigt (Symbol Ds). Es tritt in der Natur nicht auf und konnte bisher nur synthetisch und in kleinsten Mengen erzeugt werden. Das Element ist zudem Namensgeber für das Wissenschafts- und Kongresszentrum „darmstadtium“, von den Einwohnern meist „Schepp Schachtel“ genannt wird und sich nahezu komplett durch erneuerbare Energien versorgt.
Großartiges Universalmuseum: das HLMD
Ob Beuys-Werke oder das sensationelle Mastodon „American Heiner“ – das Hessische Landesmuseum Darmstadt (HLMD) begeistert alle. Es zählt zu den größten und ältesten Universalmuseen Europas mit Sammlungen aus den Bereichen Kunst-, Kultur- und Naturgeschichte. Von Pieter Brueghel über August Macke bis Gerhard Richter umfasst die Gemäldesammlung über 440 Werke. Auch die Abteilung mittelalterlicher Schatzkunst und Elfenbeinarbeiten zählt zu den kostbarsten ihrer Art, die Jugendstilabteilung mit Schmuck und Raumensembles von Henry van de Velde ist weltberühmt. Anstoß für den permanenten Kunst-Diskurs gibt das nächste Highlight: der „Block Beuys“. Sieben Ausstellungsräume präsentieren 290 Arbeiten - es handelt sich um den weltweit größten Werkkomplex des umstrittenen Künstlers. Darmstadt wurde dadurch zu einem Zentrum der Auseinandersetzung mit dem Schaffen Joseph Beuys.
Sonderbare Namen
Zum Schluss noch die Frage, die sich bestimmt jeder schon einmal gestellt hat: Was hat es mit diesem unvorteilhaften Städtenamen auf sich? Es gibt, wie so oft, diverse Erklärungen. Allgemein favorisiert wird die vom Wildhübner Darimund, der zum Namensgeber der erstmals im 11. Jahrhundert erwähnten Stadt Darmundestat geworden sein soll. Warum die Einwohner wiederum Heiner heißen und man hier „Heinerdeutsch“ spricht, auch ein Rätsel. Doch die Einwohner mögen den Namen und haben sogleich ihr Volksfest danach benannt. Beim „Heinerfest“ am ersten Juliwochenende treten jedes Jahr hunderte Schausteller auf, es gibt Theater-Aufführungen, Livekonzerte, Sportturniere, Filmvorführunge und ein fantastisches Abschlussfeuerwerk.
Übrigens: Dass das südhessische Darmstadt oft auf den Listen skurriler Städtenamen, jedoch selten auf Reiselisten steht, befand auch die Reiseführermarke "Marco Polo" als unbedingt änderswert. In einem Trendguide für 2024 empfiehlt sie die noch viel zu selten entdeckte Uni-Stadt für ihre Vielfalt an Kultur, Geschichte, Weltkulturerbe und Grünflächen. Wir schließen uns an.












