Kurzurlaub in Landsberg am Lech

Man denkt, man kennt sie alle: die schnuckeligen bayerischen Städte mit den verwinkelten Gassen und romantischen Ecken. Rothenburg, Würzburg, Regensburg und wie sie alle heißen. Doch haben Sie schon mal was von Landsberg am Lech gehört? 60 Kilometer westlich von München, 45 Kilometer südlich von Augsburg, knapp 30.000 Einwohner, viel Geschichte und gerade mal 150.000 Übernachtungen im Jahr … Man kann den Ort schon fast als Geheimtipp bezeichnen.

Kleine Ursache, große Wirkung: Im Mittelalter verlegte Herzog Heinrich der Löwe die Salzhandelsroute und ließ eine Brücke über den Lech bauen. Drumherum entstand das heutige Landsberg. Die schöne Altstadt ist bestens erhalten und wegen der vielen bedeutenden Gebäude ein Teil der Romantischen Straße. Beginnen sollten Sie Ihre Entdeckungstour auf dem Marktplatz, der eine ungewöhnliche Form hat: dreieckig. Hier plätschert der Marienbrunnen neben den Tischen eines Cafés vor sich hin. Das Rathaus mit seiner üppig verzierten Rokoko-Fassade ist dabei der Platzhirsch. Auch historisch wichtig, aber nicht so herausgeputzt: der Schmalzturm, in dessen Schatten die Marktfrauen sich und ihre Waren vor der Sonne schützen. Apropos Sonne: Landsberg gehört zu den sonnenreichsten Städten in Deutschland. Beste Voraussetzungen also für einen Bummel zu allen Sehenswürdigkeiten. Zum Beispiel die Straße hinauf zur mächtigen Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt aus dem 15. Jahrhundert, die das Stadtbild dominiert. Innen: Prunk aus Gold, Glasmalereien und bemalte Decken.

Pause gefällig? Spazieren Sie zum Lech, wo der Fluss über das Lechwehr rauscht. Vier künstlich angelegte Stufen sollen den Ort vor Hochwasser schützen. Heute ist das Wehr mit den bunten Häusern im Hintergrund vor allem ein beliebtes Fotomotiv. Abkühlung bietet die Eisdiele direkt am Lech, alternativ kann man an den Kiesstränden des Lech auch ins Wasser, einfach nur, um die Füße zu kühlen oder zum Schwimmen, SUP- oder Kajakfahren. Hier am Ufer findet im Sommer in Landsberg das Leben statt. Vom Lech ist es auch nicht weit zu einer ungewöhnlichen Sehenswürdigkeit: dem Mutterturm. Der steinerne Turm scheint direkt aus einem Märchen der Brüder Grimm entsprungen zu sein. Trutzig aus groben Steinen gebaut und mit einem goldenen Dach versehen, sieht er viel älter aus, als er ist. Erst 1880 ließ der britische Künstler Sir Hubert von Herkomer ihn in Gedenken an seine Mutter bauen, in dem angeschlossenen Wohnhaus werden heute Kunstwerke der Herkomer Stiftung ausgestellt. Am anderen Ufer steht der Jungfrausprung, ein Turm, von dessen Spitze sich der Legende nach Frauen aus Angst vor den schwedischen Truppen im Dreißigjährigen Krieg in den Lech stürzten. Es heißt, dass ihre weiten Röcke sie bis ins Wasser trugen. Ob das stimmt? Kurios ist vor allem, dass dieser Turm wie eine Torte in der Mitte durchgeschnitten ist. Ein ganzer halber Turm. Noch einen Bau, den man gesehen haben sollte: das spätgotische Bayertor, angeblich das schönste in ganz Süddeutschland. 1425 erbaut, wurde es in den 1970ern in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt, sehr zum Entsetzen der Landsberger, die den „kitschigen“ Anblick nicht gewöhnt waren. So finden Sie an allen Ecken Zeugnisse der abwechslungsreichen Geschichte des kleinen Ortes. Auch Musikgeschichte wurde geschrieben und das ist noch gar nicht so lange her. In den 1950ern war ein junger amerikanischer Soldat hier stationiert, kaufte sich für 20 D-Mark eine Gitarre und gründete die „Landsberg Barbarians“. Nur ein paar Jahre später wurde Johnny Cash weltbekannt.

Da Landsberg nicht sehr groß ist, kann man alle Sehenswürdigkeiten und die zuckersüße Innenstadt an einem Tag entdecken. Dann bleibt am nächsten Tag noch genug Zeit, um die Umgebung zu erforschen, zum Beispiel den Wildpark Pössinger Au, ein Naherholungsgebiet im Süden der Stadt. Wildschweine und Damwild sorgen mit ihrem Nachwuchs vor allem im Frühling für Entzückung, Kneippbecken, Barfußpfad und Liegewiesen ziehen Besucher an und der Eintritt ist frei für alle. Wer weiter will: Rund um Landsberg führen zahlreiche Rundwege durch die herrliche Natur der Region. Mit etwas Glück können Sie bei einer solchen auch einen Blick auf die Alpen werfen. Folgen Sie zum Beispiel dem grünen L des LechErlebnisweges, der südwärts Richtung Füssen führt. Oder Sie wandern zum Teufelsküchen-Stausee, dessen Wasser unglaublich klar und fast unnatürlich blau ist. Klein, aber oho – Landsberg hat diese Urlaubskategorie für sich gepachtet. Nichts wie hin.